Frau zu Haus heißt nicht Hausfrau - auch nicht in Corona-Zeiten
Corona hat uns viel gelehrt!
Corona hat uns gezeigt, dass auch in Deutschland die „Digitalisierung“ kein Zauberwort bleiben muss. Ganze Teams sind von jetzt auf gleich ins Homeoffice marschiert und haben die neuen Herausforderungen gemeinsam gestemmt. Virtuelle Konferenzen werden nach anfänglicher Skepsis zur Selbstverständlichkeit und Mitarbeiterjahresgespräche werden oft mit wirklicher Nähe und gemeinsamem Mehrwert durchgeführt.
Wir lernen ferner vieles über uns selbst und auch über unsere Mitmenschen und Kollegen. Wie reagieren wir in einer Krise? Schauen wir täglich die neuesten Meldungen an und versuchen uns mit möglichst vielen Details zu versorgen, oder blenden wir dieses Thema beherzt aus und bauen auf einen unverwüstlichen Optimismus im Sinne von „wird schon!“
Wir haben darüber hinaus auch einen anderen Blick auf die Dinge gewonnen, die uns guttun und die uns wirklich wichtig sind. Ich persönlich war vor Corona oftmals als Beraterin vier bis fünf Tage in der Woche unterwegs. Dass ich dieses Reisepensum nach Corona (wann immer das ist) reduzieren werde, ist schon jetzt beschlossen.
Und wir haben schließlich auch einen neuen Blick auf die Menschen, mit denen wir uns umgeben. Welche persönliche Gesellschaft haben wir vermisst, und welche Nähe suchen wir? Mit wem ist der Austausch neu und befruchtend, und wer kostet uns eher Energie? Energie, von der wir in Zeiten von Homeoffice, Homeschooling und Co. nicht mehr viel übrighaben.
Apropos Homeschooling und Co.: Viele Frauen, die ich in meinen Coachings auch während der Coronazeit begleite, berichten, dass die „alten Rollenmodelle“ doch noch nicht aufgelöst sind. Im Gegenteil: Corona fördert in vielen Bereichen die Dinge zu Tage, die nicht rund laufen. Sei es im Team oder auch zu Hause.
Kennst Du das auch? Ältere Angehörige, für die eingekauft werden muss. Hausaufgaben, die virtuell erledigt werden müssen, die Kleinkindbetreuung, die wegen der geschlossenen Kita von zu Hause erfolgen darf? Auf einmal kommen so viele zusätzliche Anforderungen auf uns zu, die kaum zu stemmen sind. Wie geht Ihr damit um? Habt Ihr Euch gemeinsam hingesetzt und habt gemeinsam besprochen, wer wann was machen kann? Oder habt Ihr wie selbstverständlich in den alten Rollenmustern weitergemacht. Nach dem Motto „ich arbeite ja nur in Teilzeit“, also ist das mein Job!
Wir Frauen stehen uns da oft selbst im Weg Einmal, weil wir uns sofort verantwortlich fühlen, also packen wir an, anstatt zu verhandeln. Außerdem mal „Hand aufs Herz“, tief in uns drin schlummert oft die Überzeugung, dass es perfekt sein muss und somit ist klar, wer die Verantwortung übernimmt.
Ich erlebe Frauen, die die Grenze ihrer Belastung bereits überschritten haben und trotzdem ein Homeschooling Programm durchgezogen haben, das den virtuellen Unterricht jeder Privatschule in den Schatten stellt.
Und nicht nur der Part des Doings ist mit Belastung und dem Zurückrutschen in tradierte Rollenmuster verbunden. Nicht zu unterschätzen ist auch die mentale Belastung! „
Mental Load“ ist ein Begriff, der in den letzten Monaten viel diskutiert wurde: Dein Kind ist zum Geburtstag eingeladen? Es gilt nicht nur das Geschenk zu besorgen, sondern auch gedanklich zu planen, was mit dem zeitgleich stattfindenden Musikunterricht passieren soll, wer hinbringt und abholt, wer mitgenommen wird etc.
Natürlich delegieren wir Teilaufgaben an den Partner. In der Regel bleibt die gedankliche Gesamtverantwortung für das gesamte Thema bei der Frau.
Warum geraten wir immer wieder in diese „Falle“, obwohl uns doch vieles klar ist? Interessanterweise wissen wir oft bei Anderen, wie es besser gehen könnte, doch für uns selbst ist es schwer, diese Verhaltensweisen zu integrieren. Natürlich ist es herausfordernd, seine Ansprüche an ein verändertes Umfeld anzupassen. Außerdem liegt dieses Gap auch daran, dass wir häufig ein anderes Selbstbild von uns haben, unser Umfeld erlebt uns meist ganz anders. Wir sind viel selbstkritischer mit uns und auch mit unserem direkten Umfeld (wie Partner und Kinder) als wir es bei Mitmenschen und Kollegen sind.
Beispiel: Ich kann bei einer Mitarbeiterin oder Kollegin akzeptieren, dass sie die vereinbarte Projektzulieferung nicht leisten kann, weil sie gerade sehr gefordert ist. Also mache ich das schnell auch noch eben mit.